Kinder und Jugendliche sind heute einem tief greifenden gesellschaftlichen und sozialen Wandel unterworfen. Dieser ist in vielen Lebensbereichen spürbar, u. a. - in veränderten Familienstrukturen, bedingt durch Trennungserlebnisse und Beziehungsabbrüche, - in der Allgegenwart der Medien, verbunden mit der Einschränkung ursprünglicher Sinneserfahrungen und dem häufigen Untergraben schulisch vermittelter Werte, - in einem gesellschaftlichen Wertewandel und dem damit einhergehenden Verlust von verbindlichen Ordnungen und Normen, - in einer offenen Gesellschaft und der Gefahr des Sich-Verlierens im Dschungel der Möglichkeiten. Wir als Schule haben uns deshalb in zahlreichen Lehrerkonferenzen, aber auch in Fortbildungen mit Experten auf die Suche nach pädagogischen Antworten v. a. für Kinder mit einem spürbar veränderten Lern- und Sozialverhalten gemacht, das sich in Disziplinproblemen, Verhaltensauffälligkeiten und einem wenig förderlichen Sozialverhalten zeigt.
Vier wesentliche Bausteine bilden das Gerüst unserer Maßnahmen.
1. Das Sozialzielecenter (nach Margit Weidner)
Das Sozialzielecenter setzt auf eine positive Verhaltensregulation durch das gemeinsame Erarbeiten und Aufzeigen von Positivbeispielen für ein bestimmtes Verhalten. Es ist eine präventive Maßnahme. Innerhalb einer Klassengemeinschaft gibt es Ziele, die innerhalb einer Stunde, eines Tages oder einer Woche eingehalten und erreicht werden sollen. Das Ziel befindet sich gut sichtbar auf einem Plakat in der Klasse. Mit den Schülern werden Verhaltensweisen erarbeitet, die zu einer Erreichung des Ziels führen. Täglich wird besprochen und visualisiert, ob das Ziel erreicht wurde. Wenn eine bestimmte Anzahl an Sozialzielen erfolgreich erreicht wurde, erhält die Klasse in Absprache mit dem Klassenlehrer/der Klassenlehrerin eine Belohnung. Die Arbeit mit dem Sozialzielecenter ist sicher kein „Wundermittel“. Wir gehen aber davon aus, dass Schüler und Schülerinnen sich erst dann regelgerecht verhalten können, wenn - sie genau wissen, was von ihnen erwartet wird und wie ein erwartetes, positives Verhalten konkret aussieht, - sie maßgeblich beim Aufstellen und Einhalten der Regeln einbezogen werden, - das Regelwerk in einen positiven und von Anerkennung getragenen Kontext eingebettet ist, - den Schülerinnen und Schülern durch Feedback geholfen wird, sich verantwortlich an Regeln halten zu können, - ein Kollegium ein Regelwerk gemeinsam trägt und verantwortet.
2. Das Ampelsystem
Die Arbeit mit dem Sozialzielecenter schließt jedoch nicht aus, dass bei gravierenden Normverletzungen nicht auch deutliche Konsequenzen und Sanktionen folgen. In diesen Fällen tritt das Ampelsystem –und nachfolgend auch der Nachdenkzettel und das Prinzip des Trainingsraums- in Kraft. Das Ampelsystem besteht aus drei Ampelkarten, die sich in jedem Klassenraum an der Tafel befinden: • gelbes Schild = Ermahnung • orangefarbenes Schild = Verwarnung • rotes Schild = Auszeit Bei der ersten Regelverletzung wird ein Schüler/ eine Schülerin mündlich ermahnt, beim zweiten Mal wird der Name des Kindes hinter die Karte „Ermahnung“ geschrieben. Sollte sich der Vorfall wiederholen, folgt die „Verwarnung“ und zum Schluss die „Auszeit“. Die Kinder nehmen in dieser Zeit den Hinweis der Lehrkraft, dass sie sich nicht regelkonform verhalten, sowohl auditiv als auch optisch wahr. Während einer Auszeit, die im Trainingsraum unserer Schule stattfindet (s. u.), muss der Schüler/ die Schülerin einen Nachdenkzettel bearbeiten, der von den Eltern unterschrieben werden soll. Zu jedem Nachdenkzettel findet ein Reflexionsgespräch mit dem Lehrer/der Lehrerin statt. Nach fünf Nachdenkzetteln erfolgt ein Gespräch mit den Eltern. Bei Selbst- oder Fremdgefährdung erfolgt die Auszeit umgehend. Je nach Schwere des Vorfalls wir das Kind vom Unterricht ausgeschlossen. Vor der Rückkehr in den regulären Unterrichtsalltag erfolgt in diesem Fall ein Wiedereingliederungsgespräch der Schulleitung mit dem betreffenden Schüler/ der betreffenden Schülerin und seinen/ ihren Eltern.
3. Der Nachdenkzettel
Ein Kind, das mehrmals gegen die Schulregeln gehandelt hat, muss während seiner Auszeit einen Nachdenkzettel bearbeiten, in dem es sich mit seinem Vergehen auseinandersetzt. Dazu muss es den Vorfall beschreiben, begründen, was falsch war und Vorschläge machen, was es beim nächsten Mal anders machen kann. Wir benutzen differenzierte Nachdenkzettel für die Jahrgangsstufen 1/2 und 3/4.
4. Der Trainingsraum
Kinder, die unsere Schulregeln missachtet haben, verbringen ihre Auszeit im Trainingsraum und werden dort durch einen Lehrer/eine Lehrerin beaufsichtigt. Die Schülerinnen und Schüler bearbeiten einen Nachdenkzettel, setzen sich mit ihrem Vergehen auseinander und suchen nach anderen Lösungen.